Wenn Du schon längere Zeit depressiv bist, dann hast du bestimmt auch schon mal den Satz gehört: „Sei doch einfach dankbar für all die wunderbaren Dinge in Deinem Leben!“
Mir wurde das bereits oft gesagt. Die ersten paar Male, als ich diese Worte zu hören bekam, habe ich mich richtig schlecht gefühlt. Ich dachte, ich sei ein schrecklicher und undankbarer Mensch, der nichts zu schätzen weiß. Irgendwann fing ich an, diesen Satz zu hinterfragen.
Das Problem ist, wenn Du depressiv bist, können Leute nicht auf dich eingehen. Weil die Menschen in Deinem Umfeld schöne Erlebnisse, die traumhafte Landschaft oder vielleicht auch beeindruckende Gegenstände genießen können, verstehen sie nicht, dass Du das eben nicht kannst. Statt zu versuchen, nachzuvollziehen, was mit Dir los ist, wirst Du für miesepetrig oder undankbar erklärt.
Depressionen machen ohnehin einsam. Und dann kommt noch die soziale Isolation hinzu, die entsteht, weil andere Menschen Dich nicht verstehen können und Dich deswegen verurteilen.
In den ersten Monaten oder gar Jahren meiner Depression ist es mir kaum gelungen, meine Gefühle und Gedanke voneinander zu trennen. Wenn ich mit jemandem darüber gesprochen habe, was genau in meinem Kopf vorgeht, entgegnete man mir häufig, ich solle einfach meine Einstellung ändern und positiver denken oder dankbarer sein. Die Erklärung der anderen war in der Regel, dass sich das alles nur in meinem Kopf abspiele und ich deswegen nur meine Gedanken positiv stimmen müsse.
Ich bemühte mich also und redete mir ein, dass das Leben viel schöner sei als in meiner bisherigen Wahrnehmung. Doch all meine Versuche scheiterten.
Schließlich musste ich mir eingestehen, dass nicht nur alles in meinem Kopf ablief. Ich hatte einfach eine ernstzunehmende Depression, die sich wohl nicht nur in meinem Gedanken abzuspielen schien.
Diese Einsicht half mir grundlegend weiter. Endlich loszulassen und nicht mehr ständig zu versuchen, meine Gedanken zu manipulieren, um positives Denken zu üben, nahm eine schwere Last von meinen Schultern.
Ich konnte mich endlich wieder fühlen. Ich wusste, ich habe eine Depression und ich wusste ebenfalls, dass diese nicht dadurch entsteht, dass ich ein schwacher, pessimistischer oder undankbarer Mensch bin. Auch Deine Depression hat nichts mit Deinem Charakter zu tun oder gar mit fehlender Willenskraft.
Natürlich meinen die Leute in Deinem Umfeld ihre Tipps nicht böse, sie wollen dir ja nur helfen. Allerdings wenden sie sich auch von Dir ab, da es eben keinen Spaß macht mit jemandem seine Zeit zu verbringen, der ständig schlecht drauf ist. Und das ist schade, denn das führt Menschen mit Depressionen in die Einsamkeit.
Und nun zu Deinen Erlebnissen: Ist Dir der Satz schon begegnet, dass Du doch dankbarer sein solltest? Oder hast Du etwas Ähnliches schon gehört? Oder hast Du vielleicht sogar schon mitbekommen, dass Leute anfangen, Dir aus dem Weg zu gehen? Ich freue mich, wenn Du mir von Deinen Erfahrungen berichtest.
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