Als ich in meinen Depressionen gefangen war, bin ich nie großartig auf die Idee gekommen, jemanden um Hilfe zu bitten. Heute, wo es mir besser geht, frage ich mich, warum depressive Menschen in der Regel keine Hilfe suchen.
Als ich der Frage auf den Grund gehen wollte, bin ich auf die Studie von einem großen Unternehmen gestoßen. In der Studie wurde erforscht, warum erfolgreiche Verkäufer immer erfolgreicher wurden, während erfolglose Verkäufer in ihrer Pechsträhne steckenblieben.
In dem Unternehmen wurden regelmäßig Schulungen angeboten, die Eigentlich könnte man ja davon ausgehen, dass die schlechteren Verkäufer sich in gute Verkäufer verwandeln, indem sie sich neue Strategien aneignen oder indem sie lernen, was sie bisher falsch gemacht haben. Im Gegensatz dazu ist in Bezug auf die sehr erfolgreichen Verkäufer theoretisch davon auszugehen, dass diese sich keine neuen Strategien mehr aneignen können, sodass ihr Erfolg irgendwann auf gleicher Höhe stagnieren würde.
In dem Unternehmen wurden regelmäßig Schulungen angeboten, damit die Verkäufer ihre Fähigkeiten verbessern konnten. Während der Studie fiel den Verantwortlichen jedoch eines auf: Während die erfolgreichen Verkäufer regelmäßig an den Schulungen teilnahmen, glänzten die schlechtesten Mitarbeiter durch Abwesenheit.
Was ich Dir mit dem Vergleich dieser Studie sagen möchte? Diejenigen, die Unterstützung am nötigsten haben, nutzen die Hilfsangebote oft überhaupt nicht.
Bei depressiven Menschen kommt im Kontrast zu den Verkäufern jedoch noch ein weiterer Faktor hinzu: Bei Depressionen werden bestimmte Funktionen im Gehirn derart beeinträchtigt, dass wir noch weniger auf die Idee kommen, uns Hilfe zu suchen.
Das hat damit zu tun, dass der Serotoninspiegel sinkt. Jeder, der schon einmal krank war, weiß, dass wir dann am liebsten nur auf dem Sofa oder im Bett liegen und nichts tun würden außer fernsehen. Denn – ebenso wie bei Depressionen – sinkt das Serotonin auch bei Krankheit.
Ganz automatisch wollen wir uns von anderen Menschen fernhalten. Was allerdings bei einer ansteckenden Krankheit gar nicht so schlecht ist, kann bei einer Depression schnell zur sozialen Isolation fühlen und eben dazu, dass wir nicht um Hilfe fragen, obwohl wir sie so dringend gebrauchen könnten.
Wenn wir uns nun wieder den Vergleich mit den Verkäufern ins Gedächtnis rufen, dann fällt uns ein erschreckender Gesichtspunkt auf: Je schlechter die Verkäufer sind, desto seltener besuchen sie Schulungen. Dasselbe gilt leider auch für Depressionen: Je stärker Du betroffen bist, desto weniger wirst Du Dir Hilfe suchen.
Aus dieser Zwickmühle gibt es zwei Auswege.
- Du kannst versuchen, dass dein Neurotransmitter-Haushalt immer im Gelichgewicht bleibt, sodass du erst gar keine Depression entwickeln kannst oder – solltest du eine Depression haben, dass diese abgemildert oder geheilt wird.
- Du solltest außerdem lernen, um Hilfe zu bitten. Denn – und auch das solltest Du Dir bewusst machen: Manchmal geht es ohne Hilfe einfach nicht.
Ich kann Dir sagen, dass ich heute nicht diesen Artikel schreiben würde, wenn ich nicht gelernt hätte, um Hilfe zu bitten. Alleine hätte ich es nicht geschafft.