Wer krank ist, möchte am liebsten allein in seinem Zimmer liegen, bis es ihm wieder besser geht. Doch auch wer depressiv ist, möchte am liebsten von der Welt isoliert das Leben nur auf dem Sofa oder im Bett verbringen.
Was aber gut für uns ist, wenn wir körperlich krank sind, ist schlecht für uns, wenn wir depressiv sind, denn oft kann man sich dann immer weniger motivieren. Und auch das Bitten um Hilfe gelingt uns dann nicht so richtig. Ein typisches Beispiel hierfür stellt eine Freundin von mir dar, die Nicole heißt.
Ich habe Nicole in einer Selbsthilfegruppe kennengelernt. Der Besuch der Gruppe hat mir wirklich sehr geholfen, wir trafen uns zwei Mal pro Woche und tauschten unsere intimsten Geheimnisse aus. Nach einem Jahr löste sich die Gruppe aus unterschiedlichen Gründen auf, aber die Freundschaft zwischen Nicole und mir blieb bestehen.
Mittlerweile sind wir nun wirklich schon seit Jahren sehr gute Freunde und Nicole weiß, dass ich mich auf sie ebenso verlassen kann wie sie sich auf mich. Trotzdem schafft sie es bis heute nicht, mich um Hilfe zu bitten. Damit Du verstehst, was ich meine, möchte ich Dir hier mal ein Beispiel eines typischen Gesprächs bei WhatsApp von uns beiden zeigen.
Ich: Hey Nicole! Wie geht es Dir?
Nicole: Ach, ich weiß nicht. Irgendwie fühle ich mich nicht so gut.
Ich: Warum? Was ist los?
Nicole: Mein ganzes Leben ist ein einziger Misserfolg. Ich fühle einfach nur noch wertlos.
Ich: Was ist denn passiert? Kann ich dir helfen?
Nicole: Nein, du würdest das nicht verstehen.
Ich: Nicole, Du kennst mich doch und weißt, dass ich so gut wie für alles Verständnis habe.
Nicole: Ach, ich will Dich mit meinen Problemen nicht belasten.
Warum ich genau weiß, dass Nicole dingend Hilfe benötigt? Weil ich genau das Gleiche gesagt habe, als es mit so schlecht ging.
Viele Leute mit Depressionen bitten nicht um Hilfe, weil sie denken, dass sie keine Hilfe verdienen oder weil sie nicht wollen, dass man sie als schwach ansieht.
Aber was ist daran so schlimm zuzugeben, dass man ein Problem hat und sich helfen zu lassen? Die meisten Freunde helfen gerne, es bereitet ihnen mehr Freude, als mitanzusehen, wie es uns schlecht geht.
Hätte Nicole mir gesagt, dass es ihr schlecht geht und dass sie einfach nur gerne jemanden hätte, mit dem sie reden könnte, ich wäre sofort zu ihr gefahren.
Natürlich hätte ich mit meinem Besuch Nicole nicht von ihrer Depression heilen können, aber immerhin hätte ich sie für einen Abend ablenken können.
Was ist mit Dir? Bist Du wie Nicole oder hast Du schon eine Strategie entwickelt, wie Du um Hilfe bitten kannst?
Und falls Du mal wirklich nicht weißt, wie Du geschickt um Hilfe fragst, dann frag einfach. Es wird Dir schon niemand übel nehmen, dass Du nicht die eleganteste Art zu fragen wählst.